„Wichtiges Pilotprojekt“
Siemens: Schützschaltstücke prozesssicher fertigen
Mit einer neuen Bihler-Schweiß-Löt-Straße steigert die Siemens AG in Amberg ihre Produktionseffizienz in der Herstellung von Schützschaltstücken. Herzstücke der servogesteuerten Anlage sind die B 20K-Schweißsteuerung und der neu entwickelte Linearaktor.
Das 1949 gegründete Siemens Gerätewerk Amberg (GWA) stellt neben anderen Produkten für die Niederspannungsschalttechnik vor allem Leistungsschalter und Schütze zur Schaltung elektrischer Ströme her. Wichtige Komponenten sind darin die festen und beweglichen Schaltstücke mit ihren Silberkontakten. In der Baugröße S2 sind diese auf Leistungen von bis zu 37 kW und 80 A ausgelegt. Entsprechend groß sind die Dimensionen der Schaltstücke, mit 6,8 cm Kantenlänge und einer Dicke von 1,85 mm. Bisher fertigte Siemens die S2-Schaltstücke auf einer Bihler-Anlage mit herkömmlichen Schweißzangen. „Fertigungstechnisch sind wir damit jedoch am Limit des technisch Machbaren angekommen, insbesondere was die Elektrodenbewegung und die Stromstärken von bis zu 30 Kiloampere angeht“, erklärt Heinz Speil, Verbindungstechnologe bei Siemens. „Die im System durch das Magnetfeld wirkenden Kräfte sind mit bis zu 300 Kilogramm enorm. Sie beeinflussen das gesamte System und können beispielsweise Achspositionen verschieben.“
Geschützt vor Schweißstrom und Magnetfeld
Um diese Thematik in den Griff zu bekommen und generell die bestehenden Fertigungskapazitäten zu erweitern, nutzt Siemens für die Schaltstückherstellung jetzt eine neue Bihler-Schweiß-Löt-Straße mit B 20K-Schweißsteuerung. Der neue entwickelte Linearaktor der Schweißstationen sorgt dafür, dass sich die Kraft des Schweißstroms und des Magnetfelds nicht mehr auf die Schweißung auswirkt. Daneben garantiert die lineare Bewegung des Schweißkopfs ein besonders schnelles Nachsetzen, was auch die Spritzerbildung reduziert. Das Resultat: Die Schweißqualität ist gleichbleibend hoch. Daneben sind auf der Anlage weitere Siemens-spezifische Features integriert. Dazu gehören eine servogesteuerte 50-t-Spindelpresse, ein neues Modul zur optischen Positionierung der Schweiß- und Taumelstationen auf jetzt zwangsfreiem Band sowie eine von Bihler entwickelte Thermostation zur Herstellung der Silberkontakt-Oberflächen.
Doppelt so schnell
In Summe bietet die Schweiß-Löt-Straße Siemens jede Menge Vorteile: „Die zwei linearen Schweißmodule garantieren die Stabilität im Herstellungsprozess, die wir gerade im Hochlauf benötigen“, betont Alfred Schnellinger, Konstrukteur und Projektverantwortlicher. „Gleichzeitig können wir mit der Anlage die Schütz-Festschaltstücke jetzt doppelt so schnell wie bisher produzieren.“ Dank der aktiven Versorgungsschaltung ist die Anlage zudem sicher vor Netzschwankungen durch andere große Verbraucher geschützt. Und die bislang aufwendigen Rüstoperationen entfallen, was die Rüstzeit auf nur noch ein Viertel der zuvor benötigten Zeit reduziert. „Diese Produktivitätssteigerung spielt für uns eine entscheidende Rolle und war ein Grund für die Investition in die neue Schweißstraße“, berichtet Erwin Kohl, Gruppenleiter Fertigung und Konstruktion bei Siemens. Genauso wichtig sind aber auch die Möglichkeiten zur intelligenten, digitalisierten Prozesskontrolle, welche die neue Anlage bietet. „Die Analyse der NC-Daten ermöglicht eine bessere Prozessüberwachung inklusive einer präziseren Grenzwertfestlegung für Gut- und Schlechtteile. Das wird sich in Zukunft enorm bezahlt machen“, so Erwin Kohl Best. „Wir sind überzeugt, dass wir mit der neuen Anlage unsere Schützschaltstücke zu Best-in-Class-Kosten herstellen können.“
Voll vernetzbar und cloudfähig
Die neue Schweiß-Löt-Straße ist darüber hinaus eine zukunftsfähige Lösung, die nach dem Industrie-4.0-Prinzip voll vernetzbar und cloudfähig ist. Damit eignet sie sich auch, Leistungskapazitäten mit anderen Anlagen abzustimmen. Dies wiederum garantiert die bestmögliche Auslastung der Maschine. „So sind wir jederzeit optimal für den Kundentakt aufgestellt. Dieser Aspekt wird neben der Produktionseffizienz in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen“, so das Fazit von Erwin Kohl.
Die Siemens AG zählt weltweit zu den größten Unternehmen der Elektrotechnik und Elektronik. In Deutschland unterhält der börsennotierte Technologiekonzern über 120 Standorte, zu denen auch Amberg gehört. Hier befinden sich das Elektronikwerk Amberg und das 1949 gegründete Gerätewerk Amberg. Letzteres stellt Produkte für die Niederspannungsschalttechnik her, die vor allem im Maschinenbau ihre Anwendung finden.