„Langfristig denken, gemeinsam handeln“
Dräxlmaier: Effiziente Fertigung eines hochkomplexen Steckkontakts
Innovativ zu sein und dabei unabhängig zu bleiben, gehört zur Philosophie der Dräxlmaier Group. Das setzt der weltweit agierende Automobilzulieferer auch bei der Produktion von Stanzbiegeteilen im eigenen Konzern konsequent um. Ob für die Entwicklung von Werkzeugen, die flexible Fertigung zahlreicher Varianten, die Produktion großer Stückzahlen oder die Montage komplexer Bauteile – das Kompetenzcenter in Bischofswiesen baut auf Know-how und Maschinentechnologie von Bihler.
Die Entscheidung für die Bihler-Technologie fiel mit dem Produktionsbeginn eines hochkomplexen Steckkontakts. „Die Herstellung im Folgeverbund wäre zu kompliziert gewesen, andere Methoden hätten Schweißvorgänge benötigt, was auf Endkundenseite schwer zu vermitteln gewesen wäre. So wurde letztlich eine Lösung mit gefaltetem und verpresstem Verschluss gefunden. Für die Umsetzung unserer Grundidee hat Bihler mit einer BIMERIC 3000 eine effiziente Fertigungslösung angeboten“, berichtet Andreas Keilwerth, Application Engineering bei Dräxlmaier. Martin Lehmann, Key Account Manager bei Bihler, ergänzt: „Der Vorteil für Dräxlmaier lag darin, dass wir schon bei der Produktentwicklung intensiv eingebunden waren. So kamen Produkt-Know-how und Fertigungsexpertise zusammen und es konnten von vornherein gemeinsam viele Problemzonen entschärft werden.“ Dazu wurde die Anlage zunächst bei Bihler eingerichtet und optimiert. Ebenso wurden bei Schulungen in Halblech Konstrukteure, Werkzeugmechaniker und Produktionspersonal aus Bischofswiesen mit dem nötigen Fachwissen ausgestattet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Stanzen, Biegen, die Zuführung einer Feder, die Teileprüfung mittels Kameras und ein Laser zur Beschriftung jedes Teils mit Artikel- und Auftragsnummer – mit 27 NC-gesteuerten Achsen sorgt die BIMERIC 3000 heute dafür, dass aus drei Bändern eine fertige Baugruppe entsteht.
Alleinstehungsmerkmal am Markt
„Weil die Oberfläche eines Bestandteils vor der Montage in einem externen Galvanisierungsbetrieb mit Silber beschichtet werden muss, führen wir ein Band vorgestanzt zu. Sonst wäre theoretisch der komplette Prozess auf der BIMERIC 3000 abbildbar“, so Andreas Keilwerth. Mit dieser innovativen Baugruppe hat sich Dräxlmaier einen neuen Markt erschlossen. Diese wird innerhalb des Konzerns verbaut, aber auch darüber hinaus verkauft. „In puncto Teilebeschaffenheit und -eigenschaften haben wir eine Alleinstellung am Markt. Das führte dazu, dass unser Teil bei einem deutschen Automobilhersteller gesetzt ist und alle Tier-One-Zulieferer darauf zurückgreifen müssen“, sagt Rupert Feischl, Standortleiter der Niederlassung im oberbayerischen Bischofswiesen. „Aktuell produzieren wir rund eine Million Teile im Jahr. Wir arbeiten daran, die Baugruppe weiter am Markt zu platzieren und könnten unsere Fertigungskapazitäten allein im Zweischichtbetrieb auf 500.000 Teile pro Woche ausbauen. Für kommende Aufträge sind wir mit der BIMERIC also bestens gerüstet.“
Ein Kompetenzzentrum für Stanzbiegetechnik
Insgesamt betrachtet liefert die Dräxlmaier Group komplexe Bordnetzsysteme, zentrale Elektrik- und Elektronikkomponenten, exklusives Interieur und Speichersysteme für die Elektromobilität an Premium-Fahrzeughersteller weltweit. „Als inhabergeführtes Unternehmen ist für die Dräxlmaier Group verantwortungsvolles und langfristiges Denken und die nachhaltige Entwicklung von Geschäfts- und Produktionsprozessen die Basis für Erfolg. Innovation, der Blick auf den Markt und unsere Kunden sowie Exzellenz in dem, was wir tun, sind Kern unseres Handelns“, erklärt Rupert Feischl. Seit 2010 hat das Unternehmen in Bischofswiesen ein Kompetenzzentrum für Stanzbiegetechnik innerhalb der Gruppe etabliert und sich eine Eigenständigkeit in dem Bereich gesichert. In dem rund 3.400 Quadratmeter umfassenden Werk fertigen 74 Beschäftigte rund 80 Prozent der Stanzbiegeteile, die im Konzern weltweit verbaut werden. 100 Prozent der Werkzeuge und Betriebsmittel für den Stanzbiegebereich der Gruppe werden hier hergestellt. Hier laufen zudem die Vorserien und Optimierungsschleifen. Dabei setzt Dräxlmaier seit 2016 auch Bihler-Technologie ein. Mit drei Anlagen für verschiedene Einsatzzwecke ist das Unternehmen breit und flexibel für die Herausforderungen am Markt aufgestellt. „Die hohe Qualität der Bihler-Technologie, aber auch die Art und Weise, in der wir stets partnerschaftlich und auf Augenhöhe kommunizieren, passt ausgezeichnet zu unserer Philosophie. Wir wollen stets auf dem neusten Stand der Technik sein und benötigen dazu den entsprechenden Service. Da bildet die Zusammenarbeit mit Bihler für uns ein stimmiges Gesamtpaket“, erläutert Rupert Feischl.
Flexibilität und Geschwindigkeit
Technologie aus dem Hause Bihler setzt Dräxlmaier auch bei der Produktion von Distanzboxen ein, die zur Stabilisierung beim Verschrauben in Kunststoffteile eingespritzt werden. In 24 Varianten werden kleine und mittlere Losgrößen auf einer GRM-NC gefertigt, die sich dank des geringen Rüstaufwands bestens dafür eignet. „Wir benötigen nur rund zwei Stunden zum Umstellen. Das sucht schon seinesgleichen“, so Produktionsleiter Wolfgang Heil. Der mögliche Einsatz bestehender Werkzeuge, war neben der ressourcen- und materialsparenden Produktionsweise der Hauptgrund für den Einsatz der GRM-NC. „Wir konstruieren die Geometrien der Buchsen und die Werkzeuge dafür hier im Haus. So unterstützt uns die GRM-NC beim schnellen Time-to-Market“, bestätigt Markus Wanka, Leitung Werkzeug- und Musterbau. Diesen Geschwindigkeitsvorteil macht sich Dräxlmaier auch Werkzeugentwicklungen für andere Bihler-Maschinen zunutze.
Einstieg in die Massenproduktion
„Auf der GRM-NC haben wir beispielsweise Werkzeuge für zwei Kastenkontakte für Platinen entwickelt, Muster gefertigt und erste Aufträge beliefert. Diese konnten wir jetzt problemlos auf unsere neueste Bihler-Anlage zur Produktion hoher Losgrößen übertragen“, berichtet Markus Wanka. Seit Juli 2024 nutzt Dräxlmaier mit der LM 2000-KT eine hochmoderne Linearmaschine, die Werkzeugbewegungen mittels Kurvenscheiben ansteuert und so bis zu 500 Umdrehungen pro Minute erreichen kann. „Unser Ziel waren aktuell 400 Hub pro Minute. Das haben wir erreicht. Zudem erhalten wir durch die hohe Wiederholungsgenauigkeit der mechanischen Bewegung eine hervorragende Güte der Teile in engsten Toleranzbereichen“, erklärt Andreas Keilwerth. „Und dank gemeinsamer Optimierung mit Bihler-Experten konnten wir erreichen, dass beim Umstellen auf die zweite Variante des Teils nur eine Kurvenscheibe getauscht werden muss. Das spart enorm Zeit und Aufwand.“ Als perspektivisch erwies sich die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Dräxlmaier und Bihler schon zuvor: „Wir sind in kontinuierlichem Austausch. Bei der Entwicklung der LM 2000-KT war bereits klar, dass Dräxlmaier Potenzial in ihrem Einsatz sieht“, schaut Martin Lehmann zurück. „Umso schöner, dass nun eine der ersten Anlagen, die wir ausliefern konnten, hier in Bischofswiesen die Produktion aufgenommen hat.“ Die zwei Kastenkontakte kommen auf Platinen in Sicherungsboxen zum Einsatz, die derzeit ein deutscher Automobilhersteller verbaut. Auch hier hat Dräxlmaier sein Sortiment erweitert und stellt nun ein Teil her, das innerhalb des Konzerns und darüber hinaus für verschiedenste Einsatzszenarien als sogenannte Katalogware abrufbar sein wird. „Das erste Projekt läuft gerade an und wir werden bis 2029 rund 560 Millionen Teile in zwei Varianten produzieren“, sagt Wolfgang Heil. Dabei können der geringe Stromverbrauch der LM 2000-KT, aber auch das nachhaltige Ölumlaufschmiersystem in Zukunft ein kräftiges Argument gegenüber OEMs sein, die zunehmend Wert auf den geringen ökologischen Fußabdruck der verbauten Komponenten legen.
Beweglich bleiben
„Veränderungen begreifen wir bei Dräxlmaier stets als Chance. Wir agieren vorausschauend und rüsten uns für die Herausforderungen“, sagt Rupert Feischl. „Ob für hochkomplexe Baugruppen oder hohe Losgrößen – mit den verschiedenen Bihler-Technologien sind wir sehr gut aufgestellt, um unserem Konzern bei der Kundenbetreuung Beweglichkeit und Unabhängigkeit zu verschaffen.“ So gehen die Überlegungen in Bischofswiesen bereits weiter. Angedacht sind neben stromführenden Teilen wie Stecker und Kontakte sowie Formbauteile wie Abstandhalter auch eine Ausweitung des Portfolios auf Federn und Klammern. Rupert Feischl: „Wir haben schon verschiedene Szenarien geprüft und sind bereit, Neues bis zur Marktreife zu entwickeln und dann in großen Stückzahlen zu fertigen.“
Als international tätiger Automobilzulieferer beliefert die DRÄXLMAIER Group weltweit Premium-Fahrzeughersteller mit komplexen Bordnetzsystemen, zentralen Elektrik- und Elektronikkomponenten, exklusivem Interieur sowie Speichersystemen für die Elektromobilität. Das 1958 in Niederbayern gegründete Unternehmen mit Hauptsitz in Vilsbiburg hat mehr als 60 Standorte in weltweit über 20 Ländern. Rund 70.000 Mitarbeitende erwirtschaften einen Jahresumsatz (2023) von 5,6 Milliarden Euro. Mit dem Standort Bischofswiesen verfügt der Konzern über ein innovatives Technologiezentrum für Stanzbiegeteile. Hier sorgen mehr als 70 Mitarbeitende auf circa 3.500 Quadratmetern für die Produktion von rund 80 Prozent der Stanzbiegeteile, die im Konzern und darüber hinaus Absatz finden.